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Busfahrt durch den Kaukasus - Teil 5: Baku - Tempel und Öl


Baku - die Stadt des Feuers

Relief Bakus eigentliche Geschichte ist jedoch viel älter als hier schon berichtet und steht in engem Zusammenhang mit den reichen Vorkommen an Erdöl und Erdgas. In der Nähe des Dorfes Magomedli sieht man in der Wüstensteppe Flammen lodern.
Tempelfeuer Tempelmauer
Ein ganzer Hang ist damit wie eine Tulpenwiese besät und wird daher auch als Janar gaja (brennender Felsen) genannt. Sei jeher wurde das Feuer als Symbol des Übermenschlichen und Göttlichen verehrt und daraus hat sich offenbar auch der Name Baku der alten Sprache Bak, Bak (was soviel bedeutet, wie Gott oder Sonne) herausgebildet. Tempeleingang Dieser Aspekt lies den Ort auch zu einer Stelle der Pilger und Gottesanbeter werden. Archiologischen und numismatischen Erkenntnissen zufolge stammen die ersten Ansiedlungen bereits aus dem Jahre 5. Jhd. n.Chr. Die ersten unanfechtbaren Belege sind Schriften arabischer Geografen aus dem Jahre 930, es stammen aber auch Vermutungen ab, das bereits in der Wegbeschreibung der Skythen zum Feuer auf das erste Jahrhundert hinweisen. In der Nähe von Baku wurde auch ein ausgetrockneter Erdölsee entdeckt, den, angelockt durch die spiegelnde Oberfläche, vor ca. 40 000 Jahren Tiere, die auf Wassersuche waren, aufsuchten, im Morast stecken blieben und verendeten. So entstand ein fossiler Friedhof, der eine reiche Flora und Fauna entwickelte und Brennstoff lieferte, was eine Ansiedlung der Menschen beeinflußte.

Wir kommen mit dem Bus auf einem großen freien Platz im Zentrum der Siedlung Surachany an, wo sich ein Komplex, ähnlich einer kleinen Wehranlage aus schwarzgefärbten Felssteinen, vor uns erhebt. Gegenüber steht ein Flachbau in der Art einer Scheune, an dessen gelb verputzter Wand mit schwarzen Blechornamenten die Besiedlung der Region und der Huldigung des Feuers gedacht ist. Es riecht nach Ruß und Öl. Wir treten durch eine kleine Holztür ins Innere der Ummauerung und kommen auf einen feinsandigen weitreichenden Hofbereich. Ateschgach ist ein indischer Tempel aus dem 17./18. Jahrhundert und wurde an der Stelle errichtet, wo das Feuer aus der Erde tritt. Eigentlich wurden alle heiligen Stätten nach Einführung des Islam zerstört. Offenbar steht der heutige Tempel auf Ruinen eines Älteren, als die Verbindung nach Indien noch sehr eng waren und mit Handelskarawanen auch Hindu-Bilger zum "göttlichen Feuer" nach Baku kamen. Die Zellen der Pilger gruppieren sich in der 5-eckigen Befestigungsmauer. Zentral steht der Haupttempel. Im Inneren sowie aus Schloten an den vier Ecktürmen lotern ewige Flammen.
Zellen Haupttempel
Erschrocken kommt eine Reiseteilnehmerin aus eine der Zellen und sagt: "Da wohnen noch welche drin!" Ganz sicher konnte man bei dieser Äußerung doch nie sein, denn wir befanden uns ja in einer heiligen Stätte und bereits in anderen Orten, die wir bereist hatten, konnten wir noch aktive Klöster besuchen. Vorischtig setzte ich also meinen Schritt in eine der dunklen Zellen, um nicht eventuell zu stören. Die Öffnungen waren Türlos und sehr niedrig. Man mußte aufpassen, sich nicht den Kopf einzurennen. In den Wänden waren kleine Nischen. Dort stellten die Pilger Nahrung für die Götter als Opfergabe hinein. Doch wie sollte es anders sein: Die Speisen waren am andere Tag weg - aber nicht von den Heiligen genommen, sondern von den Tempelpriestern (den Scheinheiligen), die auf Kosten der armen Gläubigen sich bereichterten und satt aßen (erinnert mich doch irgendwie auch an heutige Regierungs- und Wirtschaftsmitglieder). Letztendlich sind die Pilger wegen Hungers gestorben und haben es nie geschafft, wieder in ihre Heimat zurück zu kehren.

Der eigentliche Wohnbereich glich einer Höhle. Und tatsächlich - dort saß jemand im dunklen Schein einer Feuerstelle. Doch es waren keine Pilger. Man hatte - als Anschauugnsweise für die damaligen Verhätnisse - Puppen hinein gesetzt.

Die industrielle Nutzung des "Feuers"

alte Ölpumpe Bohrinseln


Bereits am Feueranbetertempel sind wir zum ersten Mal mit der Technik der Erdöförderung in Kontakt gekommen. Eine Alte Schaupumpe, die immer noch privat genutzt wurde und das erbrachte Öl an die staatlichen Kolchosen lieferte, zog unser Interesse an. Noch bis 1872 unterlagen die Ölfelder einem Pachtsystem, wobei die Kaufleute diese Felder pachteten und selbst für den Abtransport sorgten.
Bohrinseln Bohrinseln
Die erste Erdölrafinerie entstand in Baku 1823. 1972 wurde das Pachtsystem dann abgeschafft und die Produktion steigerte sich bereits bis 1901 um das 576-fache. Durch die rasch ansteigende Industrialisierung hatte sich auch die Bevölkerung der Region verhundertfacht. Wir hatten nun die einzigartige Möglichkeit, die Bohrinseln zu besuchen. Der erste Anblick, den wir hatten, würde heute jeden Umweltschützer in den Wahnsinn treiben. Der Sand des Küstenstreifen sah sehr dunkel aus und war offenbar mit Öl versetzt. Und dabei hatte doch unsere Dolmetscherin davon gesprochen, daß Baku ein sehr schönes sauberes Freibad habe. Doch so richtig konnte man bei diesen Tatsachen nicht dran glauben. Der Bus hatte die Genehmigung, bis auf die vierte Plattform hinaus zu fahren. Diese fädelten sich wie eine Kette spinnennetzartig hinaus auf das Meer, wo es weiter draußen auch richtige Gebäude gab. Aufgefallen ist uns aber, daß hier die Luft nicht so nach Öl roch, wie noch zuvor am Tempel. Und auch das Wasser sah sauber aus. Die Plattformstege ragen bis zu 17 km ins Meer. Es war sehr ein beeindruckender Ausflug.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Öffnung der Wirtschaft weiter nach Westen fusionierten auch die Aserbaidhanischen Erdölkonzerne mit amerikanischen Großunternehmen, die dazu führten, daß die Kaspischen Lagerstätten einem enormen Raubbau unterzogen wurden, da fär Amerika immer weiter die Einzugsgebiete im arabischen Raum und in Nahost entgingen.



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Der Glauben

Der heilige Kult des Feueranbetens wird als Zoroastrismus bezeichnet, dem auch heute noch knapp 200.000 - 500.000 Gläubige angehören und vor allem im indischen Raum zu finden ist, wohin sie wegen Represalien ausgewandert sind. In den Glauben wurde das Symbol FARAVAHAR, was das Symbol des Geistes mit gegen wirkenden Kräften ist, integriert.

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